Neurologie: Schlaganfall (cerebraler Insult)

Welche Erkrankungen machen eine neurologische Untersuchung dringend notwendig?

Schlaganfall (cerebraler Insult)

Definition

Als Schlaganfall bezeichnet man das plötzliche Auftreten von neurologischen Störungen. Der Name leitet sich davon ab, dass die Menschen wie von einem Schlag getroffen aus dem gewohnten Leben herausgerissen werden und nicht selten zum Teil schwere Behinderungen davontragen.

Epidemiologie

Jedes Jahr erkranken 200 000 Menschen neu an einem Schlaganfall. Etwa 500 000 Menschen leiden zur Zeit in Deutschland an den Folgen eines Schlaganfalls. Schlaganfall ist die 3. häufigste Todesursache nach Herzinfarkt und Krebs und es ist die häufigste Ursache für permanente Behinderung.

Ursachen

Häufigste Ursache eines Schlaganfalls ist der Hirninfarkt. Als Infarkt nennen Ärzte den Untergang von Gewebe nach einer Unterbrechung der Durchblutung. Nicht jeder Schlaganfall ist ein Infarkt. Bei jedem Schlaganfall muss eine Gehirnblutung ausgeschlossen werden, denn auch eine Hirnblutung kann wie ein Schlaganfall aussehen. Gar nicht mal so selten können auch Hirntumoren, die schnell wachsen, Beschwerden wie bei einem Schlaganfall machen. Sie sehen, der Schlaganfall ist sicher nicht einheitlich. Wir beschäftigen uns hier speziell mit der häufigsten Ursache dem Hirninfarkt-bedingten Schlaganfall.

Risikofaktoren

Man unterscheidet  unvermeidbare Risikofaktoren wie genetisches Risiko, wenn mehrere Geschwister einen Schlaganfall erlitten haben, und das hohe Alter und modifizierbare Faktoren wie Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Alkoholmißbrauch, Erhöhte Fettwerte, Rauchen, Verengte Halsschlagadern, Übergewicht, Bewegungsmangel, Einnahme von der Anti-Baby-Pille plus Rauchen und obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom. Männer erkranken häufiger an einem Schlaganfall als Frauen, obwohl in den letzten Jahren die Erkrankungshäufigkeit bei Frauen bedauerlicherweise aufgrund des vermehrten Rauchens zugenommen hat. Nicht selten erkranken auch junge Menschen an einem Schlaganfall. Dann liegt häufig eine Gefäßentzündung vor. Frauen mit mehreren Fehlgeburten haben diesbezüglich ein erhöhtes Risiko. Auch eine schwere Migräne zählt zu den Risikofaktoren. Frauen, die unter schweren langanhaltende Migräneattacke erleiden, sollten die Einnahme von der Anti-Baby-Pille zumindest pausieren und andere Verhütungsmittel verwenden.

Pathogenese

Ursache des Hirninfarktes ist ein plötzlicher Verschluss einer zumeist vorher verengten Hirnarterie.

Ursache der Verengung ist die Verkalkung der Gefäße (Arteriosklerose), die nicht nur das Gehirn, sondern den ganzen Körper betrifft. 3 Mechanismen können bei verengten Hirnarterien zu einem plötzlichen Verschluss führen:

  1. Der Kalk in den Gefäßen bricht in das Blut ein und verursacht in der Gefäßwand eine Wunde. Die Blutplättchen und die Gerinnung im Blut bilden einen Wundschorf im Innern des Gefäßes, der die Arterie verschließt. 
  2. Kalk-Partikel oder Gerinnsel lösen sich ab und werden mit dem Blutstrom weiter transportiert und verstopfen weit entfernt liegende kleinere Arterien. Dieser Mechanismus spielt vor allem bei verengten Halsschlagadern eine große Rolle.
  3. Bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen können sich vor allem im linken Vorhof, aber nach einem Herzinfarkt auch in der linken Kammer Gerinnsel bilden, die mit dem Blut in die große Körperschlagader hinausgeworfen werden und von hier über die Halsschlagader in das Gehirn weitertransportiert werden und kleinere Gefäße verstopfen.

Beschwerden (klinisches Bild eines Schlaganfalles):

Die Beschwerden, die der Patient durch den Schlaganfall erleidet, hängen davon ab, welches Hirnareal betroffen ist.  Ist zum Beispiel die linke Gehirnhälfte im Bereich des Scheitel- und Stirnlappens betroffen, hat der Patient oft eine Lähmung des rechten Armes und des rechten Beines, kann seine rechte Seite nicht mehr spüren und kann nicht sprechen. Ist zum Beispiel der Hinterlappen des Gehirns betroffen, werden bevorzugt Sehstörungen angegeben. Ist das Kleinhirn betroffen, kann der Patient sein Gleichgewicht nicht mehr halten usw. Bitte merken Sie sich: Jede plötzlich auftretende neurologische Störung, muss dringend abgeklärt werden. Die wichtigsten neurologischen Störungen sind Lähmungen, Sensibilitätsstörungen, Sehstörungen, Doppelbilder, Blasen-Mastdarm-Störungen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Gangstörungen sowie Wesensveränderungen.

Diagnostik

Die wichtigste Untersuchung bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist die Magnetresonanztomographie oder die Computertomographie, denn diese kann sehr gut eine Gehirnblutung von einem Hirninfarkt unterscheiden und auch Hirntumore nachweisen. Das Elektroenzephalogramm kann lokale Verlangsamungen der Hirnströme erkennen und so krankhaftes Hirngewebe erkennen. Zudem muss immer eine Doppler – und Duplexsonographie der hirnversorgenden Gefäße erfolgen. Eine Liquoruntersuchung ist dann erforderlich, wenn in der Computertomographie oder MRT-Untersuchung kein Blut nachweisbar ist, aber die Beschwerden des Patienten auf eine Blutung aus einer Gefäßanomalie sprechen (Aneurysma = sackförmige Ausstülpung einer Arterie).

Therapie

Ein Schlaganfall ist ein lebensbedrohliches Ereignis.  Sie als Lebenspartner können eigentlich gar nicht so viel machen. Bitte geben Sie dem Patienten in der Notfallsituation aus Panik nicht irgendwelche Medikamente, auch nicht wenn er diese sonst regelmäßig einnimmt wie zum Beispiel Aspirin oder Blutdruckmittel. Beim Schlaganfall kann man durch starke Blutdrucksenkung mehr Schaden anrichten als helfen. Sorgen Sie nur dafür, dass der Patient atmet und kontrollieren Sie den Puls. Essensreste sollten aus dem Mund entfernt werden. Die Prothese ebenfalls. Eine stabile Seitenlage ist anzustreben bis der Notarztwagen kommt. In der Klinik kann, wenn keine Gegenanzeigen vorliegen, eine sogenannte Thrombolysetherapie (Auflösen des Gerinnsels) versucht werden. Die Thrombolyse wird nur innerhalb von 3 Stunden nach Beginn der Beschwerden durchgeführt. Aber auch wenn keine Lysetherapie möglich ist, sind alle Bemühungen im Krankenhaus darauf ausgerichtet, dass die Patienten so wenig wie möglich neurologisch beeinträchtigt bleiben. Darüber hinaus müssen bereits im Krankenhaus bereits die Weichen für eine sogenannte Sekundärprophylaxe gestellt werden. Eine Sekundärprophylaxe soll einen zweiten Schlaganfall verhindern. Möglich sind blutverdünnende Medikamente oder Operationen an der Halsschlagader.

Prophylaxe

Durch Vorsorgeuntersuchungen können die Patienten mit einem erhöhten Risikoprofil identifiziert werden. Hierzu gehören neben der Befragung des Patienten und der körperlichen Untersuchung die Bestimmung von Blutdruck, Blutzucker, Blutfetten und Harnsäure. Vor allem aber die Dopplersonographie und Duplexsonographie der Halsgefäße kann Verengungen feststellen. Mit einem speziellen Schallkopf, der den Schläfen aufgelegt wird, können sogar die Gefäße im Kopf untersucht werden und Verengungen festgestellt werden, bevor ein Schlaganfall auftreten kann. Mit vorbeugenden Maßnahmen wie Operation an den Halsgefäßen oder blutverdünnenden Medikamenten kann das Risiko für einen Schlaganfall deutlich reduziert werden. Je mehr Risikofaktoren auf Sie zutreffen, desto höher ist das statistische Risiko eines Schlaganfalls, desto sinnvoller die Untersuchungen und desto deutlicher die Risikosenkung durch vorbeugende Maßnahmen.